RATIONAL IM FOKUS: Küchenausrüster kämpft mit Profi-Ofen gegen das Virus

dpa-AFX · Uhr

LANDSBERG AM LECH (dpa-AFX) - In Deutschlands Kochshows geht es heiß her: Im ZDF treffen sich Hobbyköche zur Küchenschlacht, auf Sat.1 wollen Amateure im "Kampf der Köche" den Profi in die Pfanne hauen und bei Vox werden Starköche von Promis gegrillt. Doch mit der Virus-Krise wurde aus Spaß schlagartig Ernst: Viele Gastronomiebetriebe oder Großküchen mussten schließen oder auf Außerhausverkauf umstellen - eine Entwicklung, die auch den sonst so erfolgsverwöhnten Großküchenausrüster Rational stark getroffen hat. Doch das Unternehmen aus Landsberg am Lech hat noch ein Ass im Ärmel. Die wichtigsten Punkte für das Unternehmen, was die Experten sagen und wie es für die Aktie läuft:

WAS IM UNTERNEHMEN LOS IST:

Rational war im ersten Quartal wegen der Corona-Krise in schweres Fahrwasser geraten. Weil Restaurants, Schulen und Hotels in vielen Ländern schließen mussten oder nur eingeschränkt wirtschaften konnten, waren Umsatz und Ertrag spürbar zurückgegangen. Dabei war das Nettoergebnis auch deshalb noch stärker unter Druck geraten als das Ergebnis vor Zinsen und Steuern, weil wegen der Turbulenzen an den Kapitalmärkten ein Investitionsfonds der Bayern an Wert verloren hatte.

Die Aufträge brachen zudem im März und April "teilweise dramatisch" ein, wie Rational mitteilte. Viele Kunden seien durch die verordneten Betriebsschließungen schwer getroffen und würden sich vermutlich mit Investitionen zurückhalten. Gleichwohl werden die virusbedingten Beschränkungen mittlerweile allmählich zurückgefahren, so dass Rational nun große Hoffnungen auf das neue Produktflaggschiff, den Profi-Ofen iCombi Pro, setzt. Dieser soll mit zeit- und energieoptimiertem Garen noch mehr Flexibilität in die Küche bringen.

Rational will aber erstmal angesichts trüber und unsicherer Aussichten möglichst viel Geld im Haus behalten. Dazu wurde ein Einstellungsstopp verhängt. Zudem soll der bereits im März auf 5,70 Euro gekürzte Dividendenvorschlag noch einmal geprüft werden, Investitionen könnten aufgeschoben werden. Eine Geschäftsprognose traut sich das Unternehmen nicht zu.

WAS DIE ANALYSTEN SAGEN:

Die elf im dpa-AFX-Analyser erfassten Experten sind sich uneinig darüber, wie die Aussichten für Rational zu beurteilen sind. Zwar raten vier Fachleute zum Verkauf der Aktien, doch fünf Analysten wollen erst einmal an der Seitenlinie verharren und abwarten. Und immerhin zwei Experten haben eine Kaufempfehlung ausgesprochen. Das durchschnittliche Kursziel liegt bei 474 Euro. Aktuell notieren die Aktien noch etwas tiefer.

Zu den Skeptikern zählt der Fachmann Lars Lusebrink vom Analysehaus Independent Research. Die Virus-Pandemie habe den Trend zum Auswärtsessen radikal gestoppt und damit den Kern des Geschäftsmodells getroffen. Der Experte Peter Rothenaicher von der Baader Bank schrieb, mit der Profitabilität sei es im ersten Quartal massiv bergab gegangen. Die jüngsten Quartalszahlen seien insgesamt sehr enttäuschend. Für den Großküchenausstatter würden die Herausforderungen im zweiten und dritten Quartal nicht kleiner.

Einen Hoffnungsschimmer am Horizont aber sah Analyst Sebastian Kuenne vom Analysehaus RBC. Am bemerkenswertesten bei der Vorlage der jüngsten Geschäftszahlen sei das Festhalten von Rational an den Mitarbeitern gewesen. Die Zahl der Beschäftigten sei im ersten Quartal sogar leicht gestiegen. Rational halte augenscheinlich an der Vertriebsmannschaft fest, um später die Kunden für das neue Produktflaggschiff auszubilden. Auf lange Sicht zuversichtlich ist auch Philippe Lorrain von der Privatbank Berenberg: Das Unternehmen sei dank seiner starken Finanzen gut positioniert, um die Krise zu überstehen.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Lange Zeit kannten die Aktien von Rational nur eine Richtung, nämlich nach oben. Die Rally begann 2005 zaghaft und wurde durch die globale Finanz- und Wirtschaftskrise in den Jahren 2008 und 2009 deutlich ausgebremst. Die Anteilsscheine kosteten im März 2009 nur rund 56 Euro.

Von diesem Zeitpunkt an nahmen die Papiere wieder Fahrt auf und schwingen sich seit 2011 von einem Rekordhoch zum anderen. Von dem Zwischentief im März 2009 bis Ende 2014 gerechnet, verfünffachte sich der Kurs nahezu. Von Anfang 2015 bis zu Beginn des laufenden Jahres standen die Anteile dann richtig unter Dampf, wobei sie jedoch im allgemein sehr schwachen Aktienjahr 2018 recht deutlich schwankten. Im Januar 2020 erklommen sie bei 740 Euro den bislang höchsten Stand der Unternehmensgeschichte.

Seitdem aber ist offenbar jede Menge heißer Luft aus den Aktien entwichen: Die Papiere sackten bis Mitte März auf gut 377 Euro ab und fanden sich auf dem Niveau von 2016 wieder. Seitdem haben sich die Aktien erholt und pendeln um die 450 Euro.

Aus charttechnischer Sicht erweist sich die 21-Tage-Linie bereits seit Ende April als hartnäckiger Widerstand. Sie ist momentan abwärts gerichtet und gilt als Indikator für den kurzfristigen Trend./la/ajx/fba

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