Wirecard: Aktienrückkaufprogramm verfehlt seine Wirkung – Aktie geht deutlich tiefer ins Wochenende – Soll jetzt ein neuer Wirtschaftsprüfer Vertrauen aufbauen?

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Wirecard scheint erkannt zu haben, dass mittlerweile ein Dementi der erhobenen Vorwürfe und ein Verweis auf die starke Geschäftsentwicklung nicht mehr reicht, um das Vertrauen der Anleger zurückzugewinnen. Zu oft ist der Bezahldienstleister in der Vergangenheit Opfer von sogenannten „Short-Attacken“ geworden. Im Anschluss an die Vorwürfe wurde vom Dax-Konzern immer mehr Transparenz gefordert. Wirklich nachgekommen ist Wirecard diesem Bedürfnis der Experten und Anleger aber nicht wirklich.

Stattdessen ist immer wieder ist der Eindruck entstanden, dass der Bezahldienstleister nur das nötigste unternimmt, um die Investoren bei Laune zu halten. Selbst beim angekündigten Aktienrückkauf-Programm entsteht dieser Eindruck. Der Einzug eigener Papiere wurde von Bezahldienstleister schon nach dem Softbank-Einstieg im April angekündigt. Im Mai legte Vorstandchef Markus Braun dann noch einmal nach. Der Dax-Konzern wolle „einen signifikanten Anteil“ der Gesamtsumme von 900 Millionen Euro für Aktienrückkäufe aufwenden.

Viele Möglichkeiten verstrichen

Taten folgten diesen Worten allerdings eine ganze Zeit lang nicht. Zuletzt wurde damit gerechnet, dass Markus Braun am 8. Oktober nicht nur die langfristige Prognose bis 2025 konkretisiert, sondern auch den Start des Aktienrückkaufprogramms verkündet. Das tat er allerdings nicht. Erst jetzt, nachdem die Vorstandsetage in Aschheim festgestellt hat, dass ihr Dementi und die Prognoseerhöhung für 2025 ihre Wirkung durch den neuerlichen Artikel der Financial Times verlieren, da handelt Wirecard und gibt ein Aktienrückkaufprogramm Freitag kurz vor Handelsschluss bekannt.

Auch nur das nötigste?

Der Zahlungsdienstleister kauft eigene Aktien vom Markt zurück. Binnen zwölf Monaten will Wirecard dafür 200 Millionen Euro ausgeben, wie der Dax-Konzern aus Aschheim bei München am Freitag mitteilte. Dies habe der Vorstand mit Zustimmung des Aufsichtsrats beschlossen. Der Aktienrückkauf soll in den nächsten Tagen beginnen. Weitere Details will die Gesellschaft noch vor dem Start bekannt machen. Die Ankündigung war den Anlegern allerdings nicht genug. Kaum war die Nachricht platziert, ging es weiter bergab mit dem Kurs. Am Ende des Xetra-Handelstages stand dann ein Minus von 6,29 Prozent.

Sind 200 Millionen wirklich ein „signifikanter Anteil“

Die Reaktion auf das Aktienrückkaufprogramm zeigt, dass die Anleger weiter misstrauisch bleiben. Zum einen könnte ihnen die angekündigte Summe zu klein sein und zum anderen ist der Zeitpunkt wohl auch nicht so glücklich gewählt. Es bleibt der fade Beigeschmack, dass Wirecard nur durch den neuen „FT-Artikel“ das Programm schneller auf den Weg gebracht hat, als ursprünglich geplant.

Es gibt aber wohl noch weitere Überlegungen in Aschheim, wie das Vertrauen in den Konzern wieder gestärkt werden kann.

Sonderprüfung durch neuen Wirtschaftsprüfer?

Wirecard will einem Pressebericht zufolge wegen der Vorwürfe gegen das Unternehmen einen Sonderprüfer beauftragen. Damit wolle das Unternehmen die schwerwiegenden Anschuldigungen der „Financial Times“ wegen der Bilanzierungspraktiken der Firma aufklären, berichtete das „Manager Magazin“ am Freitag auf seiner Internetseite. Noch am Wochenende solle beschlossen werden, einen der führenden Wirtschaftsprüfer mit der Sonderprüfung zu beauftragen, hieß es unter Berufung auf zwei mit den Plänen vertrauten Personen.

Das neue Mandat werde ein anderer Top-Wirtschaftsprüfer als der bestehende EY erhalten, um dem externen Prüfbericht die größtmögliche Glaubwürdigkeit zu verleihen, hieß es weiter. Das Unternehmen sei bestrebt, die Sonderprüfung und den Namen des externen Auditors bereits Anfang der kommenden Woche bekanntzugeben. Wirecard habe dies nicht kommentieren wollen.

Sollte tatsächlich ein neuer Wirtschaftsprüfer die Vorgänge im Konzern beleuchten, dann muss Wirecard auch darauf achten, dass diesmal der vollständige Bericht ans Tageslicht kommt. Bei der externen Prüfung der Vorfälle in Singapur wurde von vielen Seiten bemängelt, dass nicht der komplette Bericht zugänglich gemacht wurde, sondern nur einzelne Passagen. Damals erkärte Vorstandchef Markus Braun zwar, dass die Veröffentlichten Passagen nicht geschönt worden seien, Wirecard aber nicht den gesamten „Abschlussbericht“ der mit der Compliance-Untersuchung betrauten Kanzlei veröffentlichen werde. Und da war er wieder, der fade Beigeschmack, dass Wirecard nur das nötigste unternimmt, um die Anleger zu beruhigen.

Sollte dieser Eindruck auch bei der neuen Wirtschaftsprüfung, sofern sie denn überhaupt kommt, entstehen, dann dürfte auch diese Maßnahme eher verpuffen, als für eine Beruhigung sorgen. Zudem dürften auch wahrscheinlich einige Monate ins Land gehen, bis ein neuer Prüfer sich durch das Geschäftsmodell von Wirecard gewühlt hat.

In der kommenden Woche steht Wirecard daher weiter im Fokus. Ob neue Einzelheiten zum Aktienrückkauf-Programm und eine mögliche neue Wirtschaftsprüfung dann für Ruhe im Kurs sorgen, ist dabei wohl die spannendste Frage.

Von Markus Weingran

Foto: Anton Garin / Shutterstock.com

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