Bereitet Trump sich auf einen Währungskrieg vor? – Die Macht des Dollar als Weltleitwährung bröckelt immer mehr

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Donald Trump kämpft an vielen Fronten. Der Handelsstreit mit China ist dabei wohl die größte. Mit scharfen Angriffen gegen die Demokraten und einem neuen Slogan hat er zudem gestern Abend offiziell seine Kampagne für die erhoffte Wiederwahl 2020 eingeläutet. Aber am Dienstag hat er mit seinen Aussagen auf Twitter auch den Eindruck erweckt, als würde er sich auf einen Währungskrieg vorbereiten.

EZB-Chef Mario Draghi hat am Dienstag angekündigt, die Geldpolitik bei einer anhaltend niedrigen Inflation erneut zu lockern. Das hat Trump überhaupt nicht gefallen und ihn zu einer für einen US-Präsidenten bisher sehr seltenen Aktion verleitet. Er hat sich via Twitter in die Geldpolitik einer fremden Wirtschaft eingemischt.

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„Mario Draghi kündigte gerade an, dass weitere Impulse kommen könnten, die den Euro gegenüber dem Dollar sofort fallen ließen, was es für ihn zu Unrecht einfacher machte, gegen die USA anzutreten. Damit kommen sie schon seit Jahren durch, zusammen mit China und anderen „, twitterte er. Später fügte er hinzu: „Der deutsche DAX stieg aufgrund von Anregungen von Mario Draghi deutlich an. Sehr unfair gegenüber den Vereinigten Staaten! “

Die Stellung des Dollar bröckelt

Trump ist der erste Präsident, der sich von der gängigen Politik des „starken Dollars“ distanziert. Bisher haben die US-Regierungen sich traditionell für einen starken Dollar eingesetzt, da daran auch sein Status als Weltwährung hängt und es Amerika zudem ermöglicht, sich in ihrer eigenen Währung billig verschulden zu können. Auf geopolitischer Ebene hat der Dollar als Weltleitwährung einen großen Teil der Macht Amerikas ausgemacht.

Trumps unberechenbarer Regierungsstil der letzten zwei Jahre hat jedoch dafür gesorgt, dass andere Handelsmächte mehr und mehr bestrebt sind, sich vom Dollar zu lösen. Zentralbanken wie beispielsweise die von Russland lösen sich immer mehr von ihren Dollarbeständen und gehen in Gold und andere Währungen, Russland vor allem in den chinesischen Yuan.

Nach Daten des Internationalen Währungsfonds (IWF) ist der Anteil des Dollar an den offiziellen Währungsreserven der Welt im vierten Quartal 2018 von 62 Prozent auf 61,7 Prozent gefallen. Im kurzen Vergleich nur ein kleiner Rückgang (obwohl selbst das in absoluten Zahlen eine gigantische Menge an Geld ist), aber auf lange Sicht durchaus bedeutsam, denn der Anteil des Dollar ist seit mehreren Quartalen rückläufig und hat das niedrigste Niveau seit dem Jahr 2013 erreicht. Noch im Jahr 2015 stand der Dollar für 66 Prozent der Reserven.

Profitiert hat vor allem der Euro, dessen Anteil von 20,5 auf 20,7 Prozent stieg. Das war der höchste Wert seit dem Jahr 2014. Sein Anteil an den SWIFT-Transaktionen zwischen 11.000 Banken und anderen Finanzdienstleistern in 200 Ländern ist inzwischen wieder auf 35 Prozent gestiegen. Der Dollar kommt nur noch auf rund 39 Prozent. Aber auch der chinesische Yuan wird, trotz der Dämpfung durch den Handelsstreit, international immer wichtiger.

Warum stört sich Trump so an einem starken Dollar?

Es war nicht das erste Mal, dass Trump die Manipulation von Währungen aus anderen Wirtschaftszonen für einen starken Dollar verantwortlich machte, der die Kosten der US-Exporte erhöht. Aber nicht nur die Exporte leiden, auch seine Strafzölle, eines seiner Lieblingswerkzeuge im Duell mit seinen wirtschaftlichen Gegnern, leiden darunter.

Seit Trump seine Handelskriege begonnen hat, ist auch der Yuan gegenüber dem Dollar gefallen, was den Präsidenten dazu veranlasste, sich darüber zu beklagen, dass dies die Auswirkungen seiner Zölle und seine Bemühungen, den Druck auf Peking zu erhöhen, untergräbt.

Kurz- bis mittelfristig grätscht ihm eine zu starke Abwertung der anderen Wärhungen gegenüber dem Dollar also in seine Verhandlungsstrategien. Zumal den USA ein starker Dollar weniger stark in die Hände spielt, wenn sich die Zentralbanken anderer Länder mehr und mehr von ihm als Reservewährung lösen. Sollten die Handelskonflikte zudem weiter eskalieren, ist eine Abwertung der eigenen Währung immer eine Waffe, um die eigenen Exporte und damit die Wirtschaft anzukurbeln. Das könnten die anderen Länder potenziell gegen Amerika ausnutzen.

Finanzminister und Zentralbanker waren sich in diesem Monat einig, dass ein Währungskrieg – ein vorläufiger Vorstoß in Zeiten langsamen Wirtschaftswachstums, die Wechselkurse aktiv zu schwächen, um die Exporte anzukurbeln – nicht im Interesse des Einzelnen ist. Sie bekräftigten die im März 2018 eingegangenen Zusagen, keine wettbewerbsbedingten Abwertungen vorzunehmen, wie Bloomberg berichtet.

Noch hält der Währungsfrieden

Bei Trump kann man sich jedoch angesichts seiner vergangenen Meinungsumschwünge nie ganz sicher sein. Laut Analysten dient diese jüngste Salve an Kritik dazu, die zunehmend aggressive Währungspolitik seiner Regierung und den Platz, den er für den Dollar in seinem Handelsarsenal sieht, herauszustellen. Vor allem vor dem sehr bald anstehenden G20-Gipfel.

„Sie bereiten den Boden vor und legen die potenziellen Instrumente aus, die ihnen zur Verfügung stehen“, sagte Cesar Rojas, globaler Ökonom bei Citigroup Global Markets Inc., gegenüber Bloomberg, obwohl er hinzufügte: „Wir befinden uns noch nicht in einem Währungskrieg .“

In den letzten Jahren haben sich die Länder laut Joseph Gagnon, Senior Fellow am Peterson Institute for International Economics, in einem „unruhigen Frieden“ befunden, was die Währungsstabilität und wettbewerbsbedingte Abwertungen angeht. Die G-20-Verpflichtungen seien jedoch schwach und „wenn es zu einem globalen Abschwung und einer globalen Rezession kommt, sind die Länder sehr versucht, gegen diese Bedingungen zu verstoßen und besondere Umstände geltend zu machen“, sagte er. „Es gibt wirklich kein Regime, um sie zu sanktionieren oder ihnen Einhalt zu gebieten, außer den USA.“

Die starken Kursbewegungen der Währungen werden allgemein im Zusammenhang mit der Abschwächung der europäischen und chinesischen Wirtschaft und einer Situation innerhalb der Weltwirtschaft gesehen, die aufgrund von Trumps Handelskriegen zunehmend instabil wird. Es könnte jedoch weiter eskalieren und Trumps Wut über die Währungsverschiebungen könnte weitere negative Aktionen hervorrufen, einschließlich Zölle, die er für importierte Autos und Teile aus der EU zu verhängen gedroht hat, die jedoch bisher 180 Tage ausgesetzt wurden, vor allem weil er sich voll auf den Handelsstreit mit China konzentrieren muss.

Auf ganz lange Sicht ein riskantes Spiel

Langfristig ist ein starker Dollar jedoch immer noch existenziell für die US-Machtpolitik. Der Dollar ist die wichtigste Währung, in der Staaten Handel treiben und ihre Reserven halten. Überall in der Welt, wo Unternehmen sich in Dollar verschulden oder Rohstoffe in Dollar bezahlen, sind indirekt immer die Amerikaner als Herausgeber der Währung mit im Spiel.

Um die Wirtschaft anzukurbeln, nimmt Trump in Kauf, dass die Schulden in den nächsten Jahren weiter explodieren werden. Das chronische Defizit der US-Regierung konnte durch die machtvolle Stellung des Dollar bisher leicht in Kauf genommen werden. Sollte sich diese jedoch ändern, könnte es ernst für die US-Wirtschaft werden.

Es ist vor allem die unberechenbare Politik Trumps, die den Dollar als Weltleitwährung für den Rest der globalen Wirtschaft immer unattraktiver machen, da die Stabilität durch sein Handeln immer mehr zusammenbricht. Bemühungen der Eurozone und vor allem Chinas, ihre eigenen Währungen international zu festigen, sind daher nachvollziehbar. Trumps Drohungen, Strafzölle und Verhandlungstaktiken sind also aus längerer Perspektive ein Spiel auf Zeit, das auch die größte Wirtschaftsmacht der Welt nicht ewig aushalten wird.

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onvista-Redaktion

Titelfoto: Noska Photo / Shutterstock.com

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