Handelsstreit: Trump rettet das US-Weihnachtsgeschäft – Und gibt sich gegenüber China eine Blöße

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Die verschobene Einführung der jüngst angekündigten Sonderzölle hat am Dienstag an der Wall Street bei den Anlegern der betroffenen Konzerne für große Erleichterung gesorgt. So zogen Apple im Leitindex Dow Jones Industrial als Spitzenreiter um 4 Prozent an. Noch höhere Anstiege verbuchten am breiten Markt die Aktien der Spielzeughersteller Mattel und Hasbro .

Der ursprünglich für September geplante Zollsatz in Höhe von zehn Prozent soll für Mobiltelefone, Laptops, Monitore, bestimmtes Spielzeug und manche Schuhe und Kleidungsstücke erst ab 15. Dezember gelten, wie der US-Handelsbeauftragte am Dienstag mitteilte. Damit wird das Weihnachtsgeschäft in den USA wohl noch kaum von den Zöllen betroffen sein.

Das Weihnachtsgeschäft ist gerettet

Bei Apple sorgte dies für große Erleichterung, schließlich können die Produkte des US-Technologiegiganten dann für das Weihnachtsgeschäft doch noch günstiger aus Fernost eingeführt werden. Apple galt zuletzt als besonders deutlich von der herrschenden Unsicherheit belastet, unter anderem wegen der engen Beziehungen mit dem Auftragsfertiger Foxconn. Vor einigen Tagen hatte der Aktienkurs den tiefsten Stand seit Mitte Juni erreicht.

Auch bei den Spielzeugherstellern Mattel und Hasbro zogen die Papiere nach den Nachrichten plötzlich kräftig an. Mattel gewannen 6,4 Prozent und Hasbro zogen um 5,3 Prozent an. Mit 119 Dollar peilen letztere Aktien nun allmählich wieder ihren bisherigen Rekord bei 126,87 Dollar an. Außerdem sorgte die Meldung bei den Aktien der PC-Hersteller HP Inc und Dell für einen Aufschlag von bis zu 3,5 Prozent.

Trump gibt nach, da der US-Einzelhandel sonst tatsächlich Schaden nehmen könnte

Marktanalyst Neil Wilson von Markets.com sieht in der Ankündigung einen weiteren willkürlichen Schachzug von US-Präsident Donald Trump. „Ich teile das Argument, dass Trump die Art und Weise, wie sich die Märkte zuletzt gewendet haben, nicht mochte und dachte, er sollte etwas dagegen unternehmen“, kommentierte der Experte. Er stellte aber sogleich die Frage nach der Nachhaltigkeit. „Wir sind immer nur einen Tweet vom nächsten Marktabschwung oder einer massiven Rallye entfernt“, so der Experte.

Neben den unmittelbaren negativen Auswirkungen auf die Aktienmärkte, die Trump nie gefallen, hätten die neuesten im Raum stehenden Zölle auch negative Effekte auf den US-Einzelhandel, obwohl der US-Präsident immer besonders darauf achtet, zu betonen, dass die Zölle Geld aus China in die eigene Kasse spülen und Amerika nur profitieren kann.

„Es ist offensichtlich eine sehr harte Taktik, aber ich denke, es ist ein Schwert an der Kehle der amerikanischen Wirtschaft, viel mehr noch als an der chinesischen“, sagte Andrew Collier, Geschäftsführer von Orient Capital Research, letzte Woche gegenüber CNBC. Diese Einschätzung wurde von anderen Experten bestätigt, darunter Corrine Png, regionaler Leiterin des Aktienresearch bei AIA Investment Management, der den Schritt von Trump als „eigentlich ziemlich kontraproduktiv“ bezeichnet.

Sie sagte, die zusätzlichen Zölle von 10 Prozent, die in erster Linie verbraucherbezogene Produkte wie Spielzeug, Laptops und Mobiltelefone betreffen, „verletzen die US-Verbraucher tatsächlich mehr als China.“ Die Zölle drücken indirekt wegen der erhöhten Warenpreise auf den Verbraucher-Konsum und somit auch auf das BIP. Das schwächt den Einzelhandel und ist schlecht für dessen Beschäftigungssituation.

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Hat Trump sich nun gegenüber China eine Blöße gegeben?

Das ist auch Trump bewusst und daher ist die gestrige De-Eskalation nicht ganz überraschend gekommen. Trump sagte am Dienstag gegenüber Reportern, dass er die Tarife für die Weihnachtszeit verschoben habe, „falls sich dies auf den Einkauf auswirken sollte“ und die Verzögerung „vielen Menschen helfen würde“.

Durch diesen Rückzieher hat die US-Regierung jedoch gegenüber China eine Schwachstelle offenbart. Die Regierung in Peking weiß nun genau, wie weit die USA vorerst gehen wollen und wie viel sie der eigenen Wirtschaft zumuten wollen. Die Regierung in Peking hat bisher nicht reagiert und beispielsweise auch noch nicht ihr Kaufsembargo auf US-Agrarprodukte zurückgezogen. Das muss sie auch nicht, da durch den jüngsten US-Rückzieher der Vorteil nun bei China liegt. Zurückhaltung ist jedoch immer noch die gegebeneTaktik, da Trump weiterhin absolut unberechenbar in seinen nächsten Schritten bleibt. Wie Marktanalyst Neil Wilson passend gesagt hat: Der nächste Tweet und damit die nächste massive Marktbewegung ist nie weit entfernt.

onvista-Redaktion/dpa-AFX

Titelfoto: Joseph Sohm / Shutterstock.com

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