Märkte drehen nach volatilem Handelsstart ins Plus – Euro-Banken-Index prallt haarscharf am Allzeit-Tief ab – Rohstoffe steigen, Anleihen fallen, Bitcoin stürzt in die Tiefe

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Nach einem sehr volatilen Start haben sich die europäischen Aktienmärkte bis zum frühen Mittag in eine deutlichere Erholungsbewegung begeben. Dax und EuroStoxx50 legten am Freitag jeweils etwa drei Prozent auf 9440 beziehungsweise 2638 Punkte zu. Im Vergleich zur Vorwoche summiert sich das Minus aber trotzdem noch  auf rund 20 Prozent.

Ein Hinweis auf einen Stimmungsumschwung sei der Zuwachs heute nicht, warnte Analyst Jochen Stanzl vom Online-Broker CMC Markets. „Möglicherweise sind die um Mitternacht in Italien und Spanien erlassenen Leerverkaufsverbote ein Warnsignal für Leerverkäufer, aus ihren Positionen auszusteigen.“ Beim sogenannten Short Selling leihen sich Investoren Aktien, um diese sofort zu verkaufen. Sie setzen darauf, dass sie sich bis zum Rückgabe-Termin billiger mit den Papieren eindecken können. Die Differenz streichen sie als Gewinn ein.

Rohöl steigt wieder, Gold ebenfalls – Anleihen fallen

Auch an den Rohstoffmärkten zogen die Preise wieder an. Die Rohöl-Sorte Brent aus der Nordsee verteuerte sich um 5,4 Prozent auf 35 Dollar je Barrel (159 Liter). Der Preis für das wichtige Industriemetall Kupfer stieg um 1,7 Prozent auf 5531 Dollar je Tonne. Gold verteuerte sich um 0,4 Prozent auf 1583,55 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm). Der Kurs dieses Edelmetalls bewegt sich zwar üblicherweise gegenläufig zu Öl oder Kupfer. Experten zufolge mussten Investoren zuletzt aber aus der „Antikrisen-Währung“ aussteigen, um Verluste in anderen Bereichen auszugleichen.

Wegen der Stabilisierung der Aktienmärkte zogen sich einige Investoren aus den „sicheren Häfen“ Bundsanleihen zurück. Dadurch stieg die Rendite der zehnjährigen Titel auf minus 0,635 von minus 0,740 Prozent. Ihre italienischen Pendants standen unter erneutem Verkaufsdruck und rentierten mit 1,939 Prozent so hoch wie zuletzt vor etwa einem Dreivierteljahr. Das Land ist das europäische Epizentrum der Coronavirus-Pandemie und hat das öffentliche Leben drastisch eingeschränkt.

Bitcoin stürzt in den Abgrund

Auch bei Bitcoin ging der Ausverkauf weiter. Die älteste und wichtigste Cyber-Devise verlor gut 33 Prozent und war mit 3850,02 Dollar so billig wie zuletzt vor gut einem Jahr. Ähnlich wie bei Gold müssten sich Investoren von Beständen trennen, um Verluste mit anderen Anlagen auszugleichen, sagte Naeem Aslam, Chef-Marktanalyst des Brokerhauses AvaTrade. Inzwischen sei Bitcoin wieder attraktiv. „Ein Kurs unter 4000 Dollar ist ein Schnäppchen.“

Wirecard macht zeitweise 30 Prozent plus

Bei den deutschen Unternehmen stand Wirecard im Rampenlicht. Dem Zahlungsabwickler zufolge bietet die lange erwartete Sonderprüfung der Geschäftspraktiken bislang keinen Anlass für eine Korrektur der Bilanzen. DZ Bank-Analyst Harald Schnitzer bezeichnete dies als Teilerfolg für das Unternehmen. Wirecard-Aktien stiegen zunächst um fast 30 Prozent, im Verlauf bröckelte der Zuwachs auf gut elf Prozent auf 95,68 Euro ab.

In Zürich gewannen die Titel von Roche bis zu 5,7 Prozent. Die US-Gesundheitsbehörde FDA hatte zuvor einem Coronavirus-Test des Pharmakonzerns die Notfall-Zulassung erteilt.

EZB behält sich Zinssenkungen vor

Der Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank (EZB), Philip Lane, hat angesichts der Corona-Krise mögliche Zinssenkungen ins Spiel gebracht. Obwohl die EZB ihren Einlagensatz am Donnerstag nicht gesenkt habe, behalte sich der geldpolitische Rat diese Möglichkeit vor, schrieb Lane am Freitag in einem Beitrag auf der Internetseite der EZB. Der Einlagenzins der EZB, den Banken für geparkte Überschussliquidität zu zahlen haben, beträgt minus 0,5 Prozent.

Am Donnerstag hatte die EZB zwar ein größeres Hilfspaket in Form von zusätzlichen Anleihekäufen und günstigen Langfristkrediten für die Banken beschlossen. Ihren Einlagenzins hatte sie aber nicht angetastet, was von einigen Marktteilnehmern mit Enttäuschung aufgenommen worden war. Ökonomen lobten den Schritt dagegen.

Lane verteidigte das neue Paket der EZB in seinem Beitrag. Die beschlossenen Maßnahmen seien eine geeignete Antwort auf die Corona-Krise. „Während dieser große Schock uns mit hoher Geschwindigkeit trifft, ist unser Basisszenario, dass er letztlich nur von vorübergehender Dauer sein wird.“

STXE 600 Banks prallt haarscharf am Allzeittief ab

Der europäische Banken-Index war heute im Zuge dieser Aussagen bis knapp an sein Allzeittief von 88 Punkten gefallen, konnte jedoch von der im Handelsverlauf eingesetzten Markterholung wieder mit nach oben gezogen werden.

onvista/dpa-AFX/reuters

Titelfoto: Phongphan / Shutterstock.com

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