ProSiebenSat.1: Licht am Ende des Tunnels ++ Nemetschek: Q2 war besser als befürchtet ++ Gea: Vorherige Sparmaßnahmen helfen in der Corona-Krise ++ Nokia: Jahresprognose angehoben

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Dem Dax ist am Freitag nach seinem Vortages-Kursrutsch zunächst eine Stabilisierung gelungen. Wenige Minuten nach dem Xetra-Start rückte der Leitindex um 0,29 Prozent auf 12.415,72 Punkte vor. Damit rückt auch die Durchschnittslinie der vergangenen 200 Handelstage, die als Indikator für den längerfristigen Trend gilt und derzeit bei 12.208 Punkten verläuft, wieder etwas weiter weg.

Der Dax habe innerhalb von acht Handelstagen gut 1000 Punkte verloren, das dürfte die ersten, die die Rally verpasst haben, zu Käufen animieren, sagte Marktexperte Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners.

Der MDax legte um 0,44 Prozent auf 26.382,12 Punkte zu. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50  gewann 0,12 Prozent.

Für den Dax zeichnet sich dennoch eine schlechte Börsenwoche ab: Auf vier Prozent würde sich der Wochenverlust bislang summieren. Zudem sind die im Juli zwischenzeitlich verbuchten Kursgewinne im Dax so gut wie ausradiert. In der Vorwoche hatte das Barometer noch mit 13.313 Punkten den höchsten Kurs seit dem Corona-Crash erreicht. Nach seinen jüngsten Verlusten steht der Dax nun aber wieder ungefähr dort, wo er Ende Juni war.

Hohe Kursverluste großer europäischer Unternehmen vom Vortag nach deren Quartalszahlen dürften somit auch heute noch nachwirken. „Ein schreckliches, nirgendwo gutes Quartal“, resümierte der Londoner Broker Liberum am Morgen mit Blick zurück. Auch an diesem Freitag stehen wieder etliche europäische Großkonzerne mit Zahlen auf der Agenda. Bei den deutschen Unternehmen ebbt die Zahlenflut hingegen erst einmal ein wenig ab: Aus dem MDax öffnen die Bücher Gea Group, Nemetschek und ProSiebenSat.1.

Unternehmensmeldungen zu Quartalszahlen:

Befesa: Der Recycler für industrielle Reststoffe Befesa hat seine Jahresprognose trotz der Corona-Krise bestätigt. Das Management um Konzernchef Javier Molina rechnet für das laufende Geschäftsjahr weiter mit einem Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) zwischen 100 und 135 Millionen Euro, wie das im SDax notierte Unternehmen am Freitag in Luxemburg mitteilte. Molina zeigte sich im Hinblick auf die weiteren Entwicklungen zuversichtlich. „Wir gehen davon aus, dass das zweite Quartal das schwächste Quartal im Jahr 2020 sein wird“, sagte er laut Mitteilung. Der Konzern sehe erste Anzeichen für eine moderate Erholung nach den Covid-19 bedingten Einschnitten der letzten Monate. Im ersten Halbjahr bekam Befesa die Folgen der Corona-Krise und die sinkenden Metallpreise allerdings zu spüren. Während der Umsatz um fast 14 Prozent auf 301,2 Millionen Euro zurückging, sackte das operative Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) sogar um fast ein Drittel auf 55,3 Millionen Euro ab. Unter dem Strich brach der auf die Anteilseigner entfallende Nettogewinn auch wegen hoher Abschreibungen an einem Standort in Großbritannien um rund die Hälfte auf 20,6 Millionen Euro ein.

Nokia: Der finnische Netzwerkausrüster Nokia hat trotz eines schwachen zweiten Quartals seine Gewinnprognosen für das Gesamtjahr angehoben. Der Umsatz fiel im Jahresvergleich um 11 Prozent auf 5,1 Milliarden Euro, wie die Finnen am Freitag in Espoo mitteilten. Das habe an der Pandemie sowie speziellen Bedingungen in China gelegen, hieß es. Die Geschäfte seien aber nicht verloren, sondern würden voraussichtlich später kommen. Im Mittel sollen im Gesamtjahr nun aber beim bereinigten Gewinn je Aktie 0,25 Euro erzielt werden statt 0,23 Euro zuvor. Die bereinigte operative Marge wird im Mittel 0,5 Prozentpunkte höher bei 9,5 Prozent erwartet. Zuversicht zieht Chef Rajeev Suri daraus, dass Nokia nach einem operativen Verlust vor einem Jahr nun dank guter Geschäfte mit Mobilfunknetzwerkausrüstung wieder Geld verdiente. Unter dem Strich machte Nokia einen Gewinn von 94 Millionen Euro, nach einem Verlust von 193 Millionen vor einem Jahr.

ProSiebenSat.1: Der Fernsehkonzern ProSiebenSat.1 hat im zweiten Quartal wegen der weggebrochenen Werbeeinnahmen rote Zahlen geschrieben. Die Zuschauer sahen in den vergangenen Monaten zwar wieder etwas mehr Fernsehen, aber die Werbekunden schalteten viel weniger Spots. Die Folge: Der Umsatz fiel im zweiten Quartal im Vergleich zum Vorjahr um 25 Prozent auf 709 Millionen Euro und unter dem Strich stand ein Verlust von 61 Millionen Euro in den Büchern. Experten hatten mit einem Ergebnis in dieser Größenordnung gerechnet. Vorstandssprecher Rainer Beaujean sah jedoch ein wenig Licht am Ende des Tunnels: Im Juli seien die Werbererlöse nur noch um 20 Prozent niedriger als im Vorjahr, und „im August zeichnet sich aktuell mit einem Minus von rund 10 Prozent eine weitere Verbesserung ab“, sagte er am Freitag in München anlässlich der Vorlage der Zahlen zum zweiten Quartal.

Swiss Re: Der schweizerische Rückversicherer Swiss Re sieht sich nach einem Milliardenverlust durch die Coronavirus-Pandemie für den weiteren Verlauf der Krise gut gerüstet. Die im ersten Halbjahr verbuchten Schäden von rund 2,5 Milliarden US-Dollar (2,1 Mrd Euro) dürften den Großteil der endgültigen Belastungen durch die Virus-Folgen abdecken, sagte Swiss-Re-Chef Christian Mumenthaler bei der Vorlage der endgültigen Zahlen am Freitag in Zürich. Die umfangreichen Rückstellungen gäben dem Konzern für den Rest des Jahres und darüber hinaus mehr Sicherheit, ergänzte Finanzchef John Dacey. In den ersten sechs Monaten verbuchte die Swiss Re einen Verlust von 1,135 Milliarden Dollar und damit etwa so viel wie schon vor einigen Tagen angekündigt. Sowohl in der Schaden- und Unfall-Rückversicherung als auch im Direktgeschäft mit großen Unternehmen reichten die Prämieneinnahmen nicht aus, um die Aufwendungen für Schäden, Verwaltung und Vertrieb zu decken: Die kombinierten Schaden-Kosten-Quoten lagen mit 115,8 Prozent bei Schaden/Unfall und mit 122,6 Prozent bei den Unternehmenslösungen weit über der 100-Prozent-Marke und damit deutlich im roten Bereich. Die jüngsten Vertragserneuerungen im Schaden- und Unfallgeschäft stimmen das Management jedoch zuversichtlich. Im ersten Halbjahr habe die Swiss Re Preise und Volumen um sechs Prozent steigern können.

Nemetschek: Der Bausoftwareanbieter Nemetschek ist etwas besser als befürchtet durch das zweite Quartal gekommen. Der Umsatz zog im Jahresvergleich dank des Wachstums bei Abo-Modellen um 2,7 Prozent auf 141,6 Millionen Euro an, wie das MDax-Unternehmen am Freitag in München mitteilte. Nemetschek hatte vor deutlichen Belastungen des Geschäfts durch die Covid-19-Pandemie zwischen April und Juni gewarnt, normalerweise wächst das Unternehmen auch deutlich schneller. Analysten hatten im Schnitt aber mit etwas weniger Umsatz gerechnet. Auch im dritten Quartal dürfte die Krise belasten, warnte das Unternehmen. Den Jahresausblick bestätigte das Management jedoch. Das operative Konzernergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen wuchs um 1,9 Prozent auf 40,7 Millionen Euro, die Marge gab um 0,2 Prozentpunkte auf 28,8 Prozent nach. Unter dem Strich lag der Überschuss mit 21,1 Millionen Euro etwas niedriger als im Vorjahr mit 21,9 Millionen.

Nordex: Nach der Schweriner Landesregierung entscheidet am Freitag (10.00 Uhr) der Finanzausschuss des Landtags über den Bürgschaftsantrag des Windkraftanlagen-Herstellers Nordex. Das Kabinett hat am Donnerstag beschlossen, eine 90-prozentige Bürgschaft für 116 Millionen Euro Kredit zu übernehmen. Nordex mit mehr als 1600 Beschäftigten in der Fertigung in Rostock und etwa 900 in der Verwaltung in Hamburg ist aufgrund der Corona-Pandemie unter Druck geraten. Insgesamt benötigt das Unternehmen staatliche Bürgschaften für einen Betriebsmittelkredit in Höhe von 350 Millionen Euro. Für die Hälfte davon – 175 Millionen Euro – soll demnach der Bund bürgen, für 116 Millionen Euro das Land MV und für den Rest die Hansestadt Hamburg.

Air France-KLM: Die Corona-Krise drückt die angeschlagene Fluggesellschaft Air France-KLM immer tiefer in die roten Zahlen. Im zweiten Quartal sei unter anderem wegen einer Abschreibung auf ausgemusterte Flugzeuge ein Verlust von 2,6 Milliarden Euro angefallen. Damit stieg das Minus in diesem Jahr bereits auf 4,4 Milliarden Euro an. Die Fluglinie hatte bereits vor Corona Probleme und schrieb auch in der ersten Jahreshälfte 2019 rote Zahlen, allerdings deutlich weniger. Der Umsatz brach in den ersten sechs Monaten um mehr als die Hälfte auf 6,2 Milliarden Euro ein, wie der Lufthansa-Konkurrent am Donnerstag nach Börsenschluss in Paris mitteilte. Und auch wenn die ganz strengen Corona-Auflagen inzwischen gefallen sind, sieht Konzernchef Ben Smith weiter viele Gefahren wie die wieder steigenden Corona-Infektionszahlen. Die Unsicherheit sei nach wie vor enorm hoch. Zudem sei mittelfristig auch mit einem komplett anderen Verhalten der Kunden zu rechnen. So geht die Fluglinie, die wie die Lufthansa bereits staatliche Hilfen in Anspruch nehmen musste, auch im zweiten Halbjahr von einem deutlichen operativen Verlust aus. In den ersten sechs Monaten musste Air France im operativen Geschäft 2,4 Milliarden Euro draufzahlen. Vor einem Jahr hatte der Konzern noch einen operativen Gewinn erzielt.

Gea: Der im Umbau steckende Maschinen- und Anlagenbauer Gea kommt dank bereits zuvor eingeleiteter Sparmaßnahmen weiter relativ gut durch die Corona-Krise. Im zweiten Quartal konnte der im MDax notierte Konzern das um Restrukturierungsaufwendungen bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) auf 140,4 Millionen Euro steigern. Damit übertraf Gea nach eigenen Angaben die Erwartungen der Experten. Zudem wurde die Prognose für das operative Ergebnis leicht erhöht. „Für das Ebitda vor Restrukturierungsaufwand erwartet das Unternehmen nun mindestens einen Wert am oberen Ende der bisherigen Spanne von 430 Millionen Euro bis 480 (Vorjahr 479) Millionen Euro, hieß es in der am Donnerstagabend veröffentlichten Mitteilung. Bei Anlegern kamen die Neuigkeiten gut an. der Aktienkurs von Gea sprang auf der Handelsplattform Tradegate in einer ersten Reaktion um mehr als drei Prozent nach oben.

Traton: Die Volkswagen-Nutzfahrzeugholding Traton kann wegen der Kaufzurückhaltung der Kunden einen Verlust im Gesamtjahr nicht ausschließen. Zwar ist der neue Traton-Chef Matthias Gründler zuversichtlich für eine gewisse Erholung in der zweiten Jahreshälfte. „Da sich unser Geschäft nach dem starken Einbruch im April langsam stabilisiert hat, rechnen wir für das laufende Quartal mit einer schrittweisen Erholung der Verkäufe, sofern die Zahl der Neuinfektionen nicht erneut ansteigt“, sagte der Manager. Im Gesamtjahr kann die Gruppe aus MAN, Scania und der südamerikanischen Volkswagen Caminhões e Ônibus wegen des insgesamt erwarteten „drastischen Absatzrückgangs“ aber einen operativen Verlust nicht ausschließen. Im zweiten Quartal sackten die Bestellungen für Lkw und Busse im Jahresvergleich um 41 Prozent auf 33.270 Fahrzeuge ab. Der Umsatz fiel um 38 Prozent auf 4,4 Milliarden Euro, weil bereits der Absatz um mehr als die Hälfte zurückging. Im operativen Geschäft stand ein Verlust von 382 Millionen Euro nach einem Gewinn von 585 Millionen Euro vor einem zu Buche. Auch unter dem Strich rutschte Traton in die roten Zahlen und schrieb einen Verlust von 385 Millionen Euro nach 408 Millionen Euro Gewinn vor einem Jahr. Bei MAN plant das Unternehmen derzeit einen möglicherweise tausende Stellen umfassenden Arbeitsplatzabbau. Allerdings hatte es zwischen Arbeitnehmern und dem bis Mitte Juli amtierenden Ex-Traton-Chef Andreas Renschler Streit darum gegeben. Renschler hatte dann den Stuhl für Gründler räumen müssen.

onvista/dpa-AFX

Titelfoto: Lukassek/Shutterstock.com

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